Montag, 27. Juli 2015

Das Leben ist wie eine Langdistanz mit verschiedenen Wechslezonen

Challenge Roth 2015

Es ist 03:30 h mein Wecker klingelt und ich bin sofort hellwach! Es ist der 12.07.2015 und es ist CHALLENGE DAY! Erneut habe ich mich entschieden an einem Langdistanztriathlon teilzunehmen und heute ist es soweit.

Anders als viele anderen Triathleten kann ich nicht von einer guten oder herausragenden Trainingsvorbereitung sprechen! Mein Training für den Triathlon sieht vor, dass ich es um meine Personal Trainings, die Büroarbeit und die persönliche Auszeit herumplane
Von wirklich langen Einheiten auf dem Rad kann ich nicht sprechen, dafür von einer gemessenen persönlichen und mentalen Belastbarkeitsstufe von 95 %!
Ich bin stolz auf mich, denn ich werde immer strategischer! Am Vorabend bereits, habe ich all meine persönlichen Dinge vorbereitet und kann mich auf mich verlassen. Mein Morgenbrei und eine Tasse unverzichtbaren Kaffee warten auf mich.
Für meine persönliche Motivation habe ich noch mein besonderes Motto für diesen Tag ausgewählt! " ICH BIN NICHT SCHNELL ABER FIT!"  
    
Erstmals habe ich auf der Rückseite der Startnummer ein paar Notfalltelefonnummern angegeben. In diesem Jahr habe ich extra auf eine Horde organsisierter FANS verzichtet. Ich beschränke mich auf ein paar wenige Ausnahmen, darunter meine Klienten Vikki und Norbert, die auch Freunde wurden.
Meine Hündin Soul hinterlasse ich gegen 04:00 h im Studio. Ich bin ganz beruhigt. Sie wird außerordentlich gut betreut an diesem Tag (danke an Julia , Marc und Ivy)!
Ich fahre zum Start und bin sehr gelassen. Ich bin gut in der Zeit, habe alle meine Sachen bei mir und ich kenne das Prozedere!

Meine Beutel platziere ich sorgfältig in der Wechselzone und ich genieße die Stimmung. Die gute Vorbereitung, meine Ruhe und vor allem meine Ausrüstung: QUINTANA ROO CD 01, 2XU TRISUIT; MAVIC HELM; ASICS DS TRAINER - geben mir Sicherheit.
Um 06:30 h mache ich mich auf den Weg zum Start! Mittlerweile kenne ich viele Athleten und Wettkampfrichter,  die mir auf dem Weg noch Glück wünschen, mich umarmen und ich fühle mich irgendwie zu Hause!
Pünktlich um 06:41 h werden wir Frauen ins Wasser gelassen. Erwartungsgewäß ist es natürlich warm. Sofort spricht mich eine junge Frau an, die Ihren Chip zu locker am Fuß sitzen hat. Ich platziere ihren Chip ordentlich um das Fußgelenk und PENG. Ein lauter knall. Es ist der Startschuss. Ich schwimme los, fühle mich gut, doch plötzlich ein starker Druck aus dem Magen: Ich musste mich fast übergeben. Das ganze geschieht innerhalb kurzer Zeit gleich 2 x. Aus Rücksicht auf die anderen Frauen und aus Angst, dass ich sofort rausgenommen werde, unterdrücke ich dieses Gefühl und konzentriere mich aufs Schwimmen. Es ist ein weiter Weg bis zur Brücke und es kommt mir in diesem Jahr endlos vor. Ich konzentriere mich auf die Atmung und auf die Technik und bleibe ruhig. Ich bemerke schnell, dass ich keine Geschwindigkeit habe.
Auf dem Rückweg werde ich von der ersten Männergruppe eingeholt und bedanke mich bei diesen schnellen Typen, die echt große Rücksicht nehmen! Auf einmal kommt die 2te Männergruppe und ich weiß bereits jetzt! DAS IST ECHT SAULANGSAM!
Auch ich komme dann endlich zum Schwimmausstieg. Der Blick auf die Uhr genügt. 1:26 h ! Ich lächle sanft und denke bei mir: Das ist eben der Preis des NICHT TRAINIERENS!
Ich steige aufs Rad. Mein Pink Poison und auch hier komme ich nicht in Schwung. Irgendwie bleibt mir der Speed verwehrt. Viele viele Männer rasen an mir vorbei und ich halte mich äußerst rechts! Erstens will ich niemanden stören und zweitens habe ich großen Respekt vor einem Sturz! Ich fahre verhalten und versuche mich auf die Versorgung zu konzentrieren! Meine  Strategie: 15 nach Gel  15 vor Riegel usw.

Am Gredinger Berg werde ich angebrüllt: LOS JACKY TRITT REIN.  Kurz zuvor schmiss mir ein Staffelradfahrer an einer Versorgungsstelle seine Radflasche direkt vor den Vorderreifen! Mann habe ich geflucht. Ich bin einfach drüber gefahren und zum Glück, hat die Flasche dem Reifen nachgegeben. Ohne Sturz und ohne wackeln!
Ein weiterer Triathlon Bekannter nannte mich den "rosa Blitz" und ich wusste bereits jetzt schon! Das wird heute kein Reisser!
Motiviert von den vielen persönlichen Anfeuerungen oder besser gesagt Antreibungen,  blieb ich einfach auf dem Sattel und trat und trat hinein. Kurz nach dem Solarer Berg wurde ich vom Gewinner Nils Frommhold überholt, was mein persönliches Highlight der gesamten Radstrecke war.  Allerdings wurde mir dadurch persönlich klar, wie langsam ich sein musste. Ich orientierte mich weiter nur an der Uhr und an meinem Ernährungszeitplan und nicht an Watt und  Zeitleistung, denn dafür war mein Training nicht ausgelegt.
Gegen 15:00 h erreichte ich Roth und ich freute mich darüber, dass meine Beine so gut hielten!  Obwohl die Geschwindigkeit deutlich geringer war, als im Jahr 2012 habe ich deutlich an Kraft in den Beinen zugelegt. Das habe ich dem Training mit dem Sling Trainer und der Kettlebell zu verdanken!
Wenn ich ehrlich bin, so hatte ich keine große Lust mehr auf einen Marathon! Ich sagte mir selbst zu, dass ich mal 10 km anlaufen möchte, um dann zu sehen, ob ich den Rest noch fertig mache. Zwischendurch habe ich den Sinn und Zweck für mich aus den Augen verloren.
Ich wog sogar ab, ob es nicht deutlich intelligenter sei, jetzt ein  Schnitzel mit Pommes zu essen und dazu ein schönes alkoholfreies Weißbier zu genießen!
Nach dem WEchsel auf die Laufstrecke sollte sich jedoch meine Motivation schnell wandeln, denn da standen plötzlich eine Menge Menschen,  die an mich glaubten, Fotos von mir machten und mich weiter anbrüllten, wie toll das alles wäre und das sie auf mich im Ziel warten!
Eine Ehemalige Polizei- Vorgesetzte von mir lief sogar ein Stück mit mir mit und erteilte mir den "Befehl" den Marathon zu ende zu laufen. Bei km 10 kam ich gar nicht dazu an aufhören zu denken, denn da stand meine Trainingskollegin Yvonne und brüllte mich an, als würde ich das Ding gewinnen! Sie rief so laut meinen Namen, so dass ich einfach weiterlief und plötzlich nichts mehr spürte.
Bei km 21 und auch bei km 28 war alles ganz normal. Schmerzfrei und dennoch SAULANGSAM. GÄHHN...  Ich war gelangweilt von mir und meinem Tempo!
Die letzten 10 km nach Roth verliefen irgendwie von alleine und bei km 38 kam mein Lichtblick! Birgit meine Freundin; Trainingspartnerin und FITLIFE CONCEPT Engel, stand mit meinem T-Shirt am Straßenrand und feuerte mich an.  

So kam es, dass ich dank der zahlreichen Anfeuerungen, der Menschen, die an mich glaubten und meinem Motto: ich bin nicht schnell aber Fit tatsächlich gegen 21:00 h ins Ziel gelaufen bin!
 
Mit einer Zeit von 15:00 h schloss ich meinen 3. Langdistanz Triathlon ab. Mir war ehrlich gesagt nicht nach Feiern. Im  Versorgungszelt war es drückend heiß. Neben mir erbrach ein Italiener in eine Tüte und die Menschen sahen alle nicht sonderlich glücklich oder gesund aus. Ich verließ den Ort des Schreckens und war überglücklich, dass mein Team so gut organsiert war.
Wir fuhren nach Hause und um 0:00 h kroch ich tatsächlich völlig K.o. von Hitze, Schweiß und Anstrengung in mein Bett! Am nächsten Tag fuhren wir gemeinsam zur Siegerehrung!
Zum ersten mal, durfte ich mir diese Zeremonie ansehen und genoss in vollen Zügen die Stimmung!

Der emotionalste Moment für mich war, als mich beim Challenge dieser Mann mit dem Sohn überholte und so locker, gelassen und voller Ruhe an mir vorbeilief, als wäre er erst gerade eben gestartet. Das war bei ca. km 18! Ich dachte in diesem Moment, dass ich doch wirklich keine Probleme habe und meinem inneren Kritiker endlich sagen soll, dass er einfach nur stumm sein soll!
Ich bin dankbar für diese Challenge! Dankbar an alle meine Supporter: Vikki, Norbert, Birgit, an meine Fans und Klienten, die quer verteilt auf der Strecke standen, mich anbrüllten und an mich glaubten! Danke an alle FACEBOOK Freunde für Eure Posts!
Ich bin dankbar für meine Gesundheit, meinen Willen und meine Ausdauer!
Ich bedanke mich bei meinen Geschäftspartnern: SYNERGIE SPORTS Nürnberg, TRIATHLON DE NÜRNBERG  - CHRISTOPH SCHWERDT ! Danke an die vielen Helfer, die den BESTEN Service am Challenge Roth liefern - vom ersten bis zum letzten Athleten (m/w). Danke an Team Garwood, die mich so sagenhaft motiviert haben!
Danke an Rainer Müller-Hoerner für die Starterlaubnis eine Woche später beim 10 Freunde Triathlon! Und den wertvollen Tipp: GEH AUF DIE OLYMPISCHE DISTANZ - DAS MACHT DICH SCHNELL!!!
Fazit: In der nächsten Saison starte ich 3 x kurz! Das macht schnell, dafür brauche ich keine langen Einheiten, das ist eine Variation! Mein neues Motto: Das Leben ist für mich wie ein Longdistance Triathlon nur mit mehr Wechselzonen! :-)

Herzliche Grüße Jacqueline Boy